Interessanter Ort
Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch

Martinsdruck

Durch Einwirkung von Wasser, Hitze und Kälte entstehen in unseren Alpen die merkwürdigsten Formen: Auskolkungen durch Gletscherwasser und Feinschutt, Aushöhlungen in unterschiedlich harten Gesteinsschichten, ja sogar Löcher durch den kompakten Fels. Zwei schöne Beispiele dieser «bildhauerischen» Tätigkeit natürlicher Prozesse können am Unteren Grindelwaldgletscher beobachtet werden: das Martinsloch, auch Heiterloch genannt, hoch oben am östlichsten Ende des Eigers, der Ostegg, sowie eine gesässförmige glaziale Auskolkung nahe der Stieregg, der Martinsdruck. Die Sage weiss dazu folgendes zu berichten:

«Vor Zeiten gab es im Talboden keinen Gletscher. Eiger und Mettenberg hingen aneinander, und keine an die fünfhundert Meter breite Schlucht zwischen Bäregg und Bonerren liess den Eisstrom passieren. Nur eine schmale Lücke, ein Hick im Fels, bot den zeitweilig hinter dem Felsriegel aufgestauten, mit Eisblöcken vermischten Schmelzwassern Durchlass. In hohen Fällen brauste dann der Gletscherbach über Felsstufen in den Wald herab. Der Druck der Wasser- und Eismassen konnte aber gar mächtig werden. Dann gab der Damm oben da und dort nach, und herunter brach eine verheerende Flut, alles mitreissend und zerstörend, was sich ihr in den Weg stellte, Haus und Scheuer, Mensch und Tier. Am Fuss der Felswand lebte in einer Höhle Martin, ein Mann gross von Gestalt und Kraft. Er geriet bei diesen Ausbrüchen der Wasser- und Eismassen selber in Lebensgefahr, aber mehr noch erbarmten ihn die Talbewohner. Da musste Abhilfe geschaffen werden. Er stieg hinauf in die enge Lücke, lehnte sich mit dem Rücken an die Mettenbergseite, die Füsse und den Stock stemmte er gegen den Eiger. Jetzt ein gewaltiges Stossen und Drücken, und ein Krachen ging durch die Berge, die voneinander rückten. Es war geschafft: weit klaffte nun die Lücke, das Wasser hatte seinen genügend grossen, regelmässigen Abfluss, allerdings drängte dann auch der Gletscher nach, aber langsam und ohne Gefahr für die unten Wohnenden. Martin aber hatte bei seiner gewaltigen Anstrengung mit dem Stock ein Loch durch den Eiger gestossen, und sein mächtiges Hinterteil hatte sich tief in das Gestein des Mettenbergs eingedrückt, heute noch sichtbare Zeichen des Bergversetzers, «Martinsloch und Martinsdruck genannt», ein Denkmal für ewige Zeiten.» (aus: Rudolf Rubi, Challigrosi und Muggestutz – Grindelwalder Sagen, 1981)

Vom Werden und Vergehen der Berge

Ein Beitrag von Barbara.