Wanderleiterin
Welche Rolle spielen Sie hier in diesem Welterbe?
Als Wanderleiterin zeige ich meinen Gästen die grossen und kleinen Wunder der Aletschregion. An erster Stelle steht natürlich der Aletschgletscher, der längste Eisstrom der Alpen. Um ihn zu verstehen, muss man sich Zeit nehmen, ihm zuhören, ihn spüren. Ich bin immer wieder überwältigt von der Kraft, die er ausstrahlt, aber auch ein bisschen wehmütig, wenn ich sehe, wie schnell er sich verändert und wie verletzlich dieser sanfte Eiskoloss ist. Spannend ist nicht nur der Gletscher selber, sondern auch die Landschaft um ihn herum. Nimmt man sich Zeit, sie zu lesen, kann man erkennen, wie es früher ausgesehen hat und eintauchen in die Sagen und Legenden, die sich um diese Gegend ranken. Meine Gäste schätzen es, auch diese mystische Seite zu entdecken.
Welcher Bezug besteht zu ihr?
Es ist ein emotionaler Bezug. Diese Landschaft hat mich immer begleitet und ich bin sehr dankbar, dass ich an einem so schönen Ort leben und arbeiten darf. Für mich ist es ein Geschenk, das aber auch mit Verpflichtungen verbunden ist: ich möchte mit meinen ganz bescheidenen Mitteln helfen, diese Landschaft zu schützen, indem ich die Menschen auf die Zusammenhänge in der Natur aufmerksam mache, auf die Folgen des Klimawandels und auf die kleinen Dinge, die jeder und jede Einzelne tun kann, um diesem zu begegnen.
Welches ist Ihr Lieblingsort in der Welterbestätte? Haben Sie einen Geheimtipp?
Schöne Orte gibt es im Aletschgebiet so viele! Was mich immer wieder fasziniert, sind die verschiedenen Vegetationsstufen, die hier so nahe bei einander liegen, dass man an einem Tag botanisch vom Mittelmeer bis zum Nordpol wandern kann. Die Wanderung, die ich am beeindruckendsten finde, führt über einen Bergpfad vom Bettmerhorn nach Märjelen. Beim Aussichtspunkt am Bettmerhorn ist der Blick auf den Gletscher schon gewaltig. Von dort steigt man langsam hinab und mit jedem Schritt wird der Eisstrom grösser und imposanter. Von meinen Gästen bekomme ich oft zu hören, dass dieses Erlebnis alles in den Schatten stellt, was sie bisher gesehen haben.
Wann ist die beste Besuchszeit und warum?
Der Frühsommer ist wunderschön. Ende Juni verwandelt der Bergfrühling das Aletschplateau in ein blühendes Paradies. Am allerschönsten ist es aber im Herbst, wenn die Luft glasklar ist, die Lärchennadeln sich gelb verfärben und die Zwergsträucher in den verschiedensten Rottönen leuchten.
Welche Aktivitäten empfehlen Sie besonders?
Als Wanderleiterin ist mein erster Tipp natürlich: Wandern. Die Region auf der Südseite des Naturwelterbes Jungfrau-Aletsch, mit dem Aletschgletscher im Mittelpunkt, hat ein enorm dichtes Wanderwegnetz. Zu Fuss erreicht man die schönsten Aussichtspunkte, aber auch wundersame, stille Orte abseits der Touristenpfade. Wer noch nie auf einem Gletscher war, kann ein Gletschertrekking buchen und für Adrenalinfreaks ist sicher ein Tandemflug mit dem Hängegleiter ein besonderes Erlebnis.
April 2020