Wenn Gletscher sich zurückziehen, geben sie Geheimnisse preis. Im Gletschervorfeld zwischen dem heutigen Geltscherrand und dem Hochstands-Moränenwall finden sich Natur- und Urlandschaften, die auch von wissenschaftlichem Interesse sind, wenn sie keine Gletschermumien wie Ötzi freigeben. In diesen weitgehend intakten Glaziallandschaften kann zum Beispiel die sukzessive Entwicklung der Vegetation studiert werden.
Wenn Gletscher wieder vorstossen, wird die Vegetationsdecke und der Boden unter Eis und Moränenschutt begraben; darunter auch abgeknickte Bäume. Im Schutz von grösseren Felsbrocken können Bäume am Wuchsort verankert bleiben. Und wenn die Gletscher wieder schwinden, kommen diese vom Eis und vom Schutt «aufbewahrten» Zeugen einer längst entschwundenen Zeit wieder zum Vorschein und liefern der Gletscher- und Klimaforschung wichtige Informationen. Dieses konservierte, organische Material kann dank der Radiokarbonmethode (14C-Methode) datiert werden; es gibt auch noch nach Jahrhunderten und Jahrtausenden Auskunft über den Zeitpunkt des Gletschervorstosses. Mittels der Jahrring-Analyse (Dendrochronologie) ist dies sogar auf das Jahr genau möglich.
Gerade das Gletschervorfeld des Grossen Aletschgletschers gilt als Fundgrube für diese fossilen Zeugen der Klimageschichte. Die ältesten dieser untersuchten Bäume stammen aus der Bronzezeit – einige davon waren 400 Jahre alt geworden. Als diese Bäume wuchsen, war der Gletscher etwa einen Kilometer kürzer als heute. Ortsnamen wie «Lengacher» im «Aletschji» deuten darauf hin, dass es dort damals sogar bewirtschaftete Flächen gab; im Mittelalter und in früherer Neuzeit wuchsen dort Lärchen.